Am 21. Februar 2025 von 9:30 – 14:30 Uhr im Wichern-Saal des Rauhen Hauses, Horner Weg 190, 22111 Hamburg
Es ist inzwischen Alltag in vielen Großstädten – so auch in Hamburg: Immer mehr Minderjährige und junge Erwachsene sind ohne Obdach. Der Mittelpunkt in ihrem Leben ist die Straße. Sie pendeln zwischen der Straße und der Kinder‐ und Jugendhilfe, kommen zwischendurch bei Freunden und Bekannten unter oder kehren – in vielen Fällen kurzzeitig – zu ihren Eltern zurück. Wenn es sehr schlecht läuft, landen sie bei dubiosen Erwachsenen auf dem Sofa. Sie leben vom Betteln, klauen Lebensmittel oder prostituieren sich. Viele landen auch beim Kinder‐ und Jugendnotdienst, einige verlassen diesen auch wieder mit oder ohne Perspektive, andere verbleiben dort ohne Anschlussangebote, weil sie nicht in einer Gruppe leben können.
Mindestens 150 Minderjährige leben in solchen Verhältnissen auf Hamburgs Straßen! Das hat die AG Wohnungen für Straßenkinder aus den Antworten des Hamburger Senats auf eine Große Anfrage der Partei DIE LINKE errechnet. Dieser Zustand ist nicht vom Gesetz gedeckt. Nach dem Kinder‐ und Jugendhilfegesetz müssen diese Kinder und Jugendlichen in Obhut genommen werden. Und zwar nicht erst 2030, wie es die Europäische Union, die Bundesregierung und auch der Hamburger Senat für alle Obdachlosen anstreben, sondern zeitnah.
Deswegen hat sich die AG Wohnungen für Straßenkinder, die im Rahmen des Netzwerkes von Tu Was, Hamburg! aktiv ist, zum Ziel gesetzt, diesen Zustand zu beenden. Wir haben ein Eckpunktepapier verfasst, das ein neues Angebot für die Kinder‐ und Jugendhilfe vorschlägt. Vorbild ist die Praxis der Werkstatt Solidarität Essen gGmbH in Nordrhein‐Westfalen.
Kernpunkte dieses Vorschlags sind: Ein integriertes Angebot von Straßensozialarbeit, pädagogisch intensiv begleitetem Einzelwohnen und Nachsorge. Das Angebot soll möglichst kooperativ und trägerübergreifend erfolgen, damit die besten Ideen verbunden werden und es soll einen Wohnungspool geben, aus dem mit Belegbindungen zeitnah geholfen werden kann. Dieser Pool ist auch für Jugendliche gedacht, damit diese nicht mit 18 Jahren aus der Jugendhilfe in die Obdachlosigkeit entlassen werden. Dieses Angebot ist als Ergänzung zu schon bestehenden Housing‐First‐Projekten und Notschlafstellen gedacht, die wir begrüßen. Das Angebot richtet sich an Jugendliche, die nicht in der Lage sind, in Gruppen zu leben oder das nicht wollen und die ein langfristiges Angebot benötigen. Wer erfolgreich bis zum 18. Lebensjahr in so einer Wohnung gewohnt hat, übernimmt die Wohnung mit einem eigenen Mietvertrag.
In Nordrhein‐Westfalen gibt es schon 234 solcher Plätze, betrieben von der Werkstatt Solidarität Essen. Fast 300 Wohnungen wurden dort nach erfolgreicher Arbeit an volljährige Jugendlichen übergeben. Die Wohnungen stellt die Wohnungswirtschaft zur Verfügung.
In mehreren Gesprächen mit der Sozialbehörde versuchen wir nun, so ein Angebot auch in Hamburg zu etablieren. Wir haben einen sechs Punkte umfassenden Arbeitsplan erstellt, denn es gibt noch einige Fragen zu klären: Neben rechtlichen Fragen müssen Anbieter gefunden werden, die im Kooperationsverbund oder alleine so ein Angebot machen wollen, es müssen Fachkräfte für so ein Angebot gefunden und es muss geklärt werden, wie viele Mittel für so ein Angebot zur Verfügung gestellt werden müssen.
Hilfreich ist dafür, dass die Werkstatt Solidarität Essen bereit ist, ihre bisherigen Erfahrungen und ihre erworbenen Fachkenntnisse einschließlich Informationen über die Kostenstrukturen zur Verfügung zu stellen. Um die bisherigen Überlegungen vorzustellen und die noch vorhandenen Fragen mit der Fachöffentlichkeit zu diskutieren, laden wir zu einer Fachveranstaltung gemeinsam mit Mitarbeiter* innen der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie und dem dortigen ASTA ein.
Ablauf:
9:30 Uhr Ankommen und Begrüßung durch Prof. Dr. Christof Beckmann
10:00 Uhr Start mit zwei einleitenden Referaten und Nachfragen
- Peter Heemann (Geschäftsführer der Werkstatt Solidarität Essen gGmbH) zur Idee und Praxis ihres Angebots in NRW
- Prof. Dr. Johannes Richter (Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie (Rauhes Haus)) mit einer Bewertung des Eckpunktepapiers aus Sicht der Wissenschaft
12:00 – 13:00 Uhr Mittagspause (inkl. beitragsfreiem Essen)
13:00 – 14:30 Uhr Podiumsgespräch unter Einbeziehung des Publikums
- Malte Block (Jugendsozialarbeit, basis & woge e.V.)
- N.N. (AK Wohnraum für junge Menschen)
- Matthias Stein (Sprecher LAG Kindheit und Jugend und Mitglied im LJHA)
- Dr. Dirk Bange (Sozialbehörde, Amtsleitung Amt für Familie)
- Mareike Engels (MdHB, sozialpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN)
- Dr. Andreas Dressel (Finanzsenator, angefragt)
Moderation: Prof. Dr. Cora Herrmann (Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie) und Ronald Prieß (Botschafter der Straßenkinder, Tu Was, Hamburg!)
Veranstalter: Tu Was, Hamburg! in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Cora Herrmann und Prof. Dr. Christof Beckmann von der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie und dem AStA der Ev. Hochschule
Anmeldung bis 18.02.2025 unter tu-was-hamburg@gmx.de